L'Amfiparnaso - Comedia Harmonica


Jubliäumskonzert 10 Jahre Vocalino

Flyer Amfiparnaso

Zum Programm

Ursprüngliche “Aufführung”

Vor etwas mehr als 100 Jahren hat die Musik zu Medien wie Schallplatten, CD, MP3, etc. gefunden, wo sie vorher während der gesamten Menschheitsgeschichte immer mit einem Akt des Musizierens verbunden war, im heutigen Sinne Live-Musik. Unabhängig davon, ob die Musik für Repräsentationszwecken, Rituale/Liturgie oder Unterhaltung verwendet wurde, setzte sie eine Gruppe von aktiven Musizierenden aus, die mit dem musikalischen Material und dem Inhalt und Zweck der Musik vertraut waren.

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Ausführenden nicht immer auf ein Publikum angewiesen waren, also nicht konzertant musiziert werden musste. Mit anderen Worten: Die Musiker konnten sich auch nur aus Spass zum gemeinsamen Musizieren treffen. Besonders seit der weiten Verbreitung des individuellen Musikkonsums durch Smartphone und MP3-Player - das Radiohören gilt meines Erachtens noch zu einer gemeinschaftlichen, wenn auch passiven, Aktivität - hat vor allem die jüngere Generation die Tradition der früher selbstverständlichen Verbindung zwischen Musikhören und Musikmachen verloren. Etwas gespitzt formuliert: Heute wird man unterhalten, anstatt dass man sich selbst unterhält.

Die Madrigalmusik der Renaissance war in vielen Fällen genau für diese eigene Unterhaltung gedacht. Mehrere Leute oder Familienangehörige trafen sich zum gemeinsamen Singen, wie das noch im 20. Jh. in unserem Kulturkreis, besonders im Kindesalter oder an Weihnachten, üblich war.

Das heisst aber nicht, dass die Menschen damals NUR sich selbst unterhielten. Selbstverständlich wurde damals wie heute auch für ein Publikum musiziert. Im Theater existierten ebenfalls die wandernden Stegreifbühnen-Gruppen, die von Stadt zu Stadt zogen und ihre oft improvisierte, oft stigmatisierende Sketches vortrugen.

Das Madrigalwerk “L'Amfiparnaso” von Orazio Vecchi vereint in einem Prolog und 13 Szenen genau diese Eigenschaften des “Sich Selbst Unterhaltens” mit Elementen der Commedia dell'Arte, wie sie den Sängern bekannt waren. In einer schriftlichen Einleitung durch den Komponisten sowie im gesungenen Prolog selbst wird auf die Einzigartigkeit des Werkes hingewiesen, nämlich dass das Theater nicht durch die Augen, sondern durch die Ohren wahrgenommen wird. Er wünscht sich nicht eine theatrale Umsetzung der Szenen, sondern einzig in der Fantasie der Sänger sollen die Figuren des Amfiparnaso zum Leben erweckt werden. Ähnlich verhält es sich mit einem Buch, dessen Geschichte nur in unserer Imagination entsteht.

Moderne Umsetzungen

In der Musikwissenschaft herrscht eine breite Diskussion um den historischen Wert dieses Werkes in der Gattung der Oper. Einige Musikhistoriker halten es für eine der ersten Opern überhaupt (noch vor Monteverdis Madrigalwerk “Il combattimento” oder die Oper “L'Orfeo”). Wiederum ist es berechtigt zu behaupten, weil das Werk angeblich nicht für eine visuelle Aufführung gedacht ist, auch nicht als solche aufgeführt werden soll.

Nichtsdestotrotz hat es sich in den letzten Jahrzehnten eingebürgert, den Amfiparnaso “gegen den Willen” des Autors doch mit Schauspiel zu verbinden. Da aber zur Zeit des Autors die Gattung Oper (laut heutigem Forschungsstand) erst am Entstehen war, stellt sich die Frage, wieso er für eine rein musikalische Interpretation war.

Mehrheitlich werden die Szenen in der Tradition der italienischen Stegreifbühne interpretiert, der so genannten “Commedia dell'Arte”: Wenige Schauspieler, minimalistisch Bühnenbildausstattung mit ein, zwei bemalten Leinentüchern und allen voran die berühmten Masken für die einzelnen Figuren.

Da alle Dialoge komplett in der gesungenen Musik stattfinden, werden die Szenen parallel zur Musik pantomimisch dargestellt. Jede einzelne Szene wird von einem Sprecher mit 4 Versen in Reimform eingeführt.

Der Vorteil dieser Interpretation liegt auf der Hand: Das internationale Publikum erhält so die Möglichkeit, in das Geschehen der Musik einbezogen zu werden, ohne Italienisch verstehen zu müssen. Selbst für heutige Italiener mögen mehrere Passagen nicht selbstverständlich erklingen, ist doch das Werk in einem italienischen Dialekte des 16. Jahrhunderts verfasst, das sogar bildungskulturell verschiedene Sprachniveaus verwendet.

Das Publikum darf sich auf ein spannendes, unterhaltsames und künstlerisch anspruchsvolles Musiktheater freuen.

Mitwirkende

Chor: Vocalino Wettingen
Blockflöte: Jonas Gassmann
Geige: Susanne Saksenvik
Theorbe: Leonardo Takiy
Cello und Gambe: Alex Jellici
Cembalo und Orgel: Matías Lanz
Theater: Christina Galli, Mirella Steiner
Musikalische Leitung: Fernando Scarabino

Konzerte

Freitag, 19. Juni 2015 19.30 Uhr Klosterkirche Wettingen
Samstag, 20. Juni 2015 18.30 Uhr Ref. Kirche Windisch